Sechsmal habe ich mein Lieblingsland inzwischen besucht. Bei vier dieser Reisen habe ich das wunderschöne Edinburgh verlassen, um mehr von der grünen Insel zu entdecken. Stets mit Mietwagen, viel Vorfreude und einigen Plänen im Gepäck. Nachdem ich euch bereits in den Linksverkehr eingeführt habe, wir durch Edinburgh spaziert und über den Loch Ness gefahren sind, wird es heute Zeit für den nächsten Zwischenstopp. Die faszinierende Landschaft von Quiraing.

Die etwas schräge Filmkulisse

Ausgesprochen klingt der Begriff wie die englische Aussprache von “Koran”. Abgeleitet wird der Name von dem altnordischen Begriff “a‘ Chuithe Raing”, was sich simpel als “umschlossener schräger Platz” übersetzen lässt. Darüber gestolpert bin ich damals bei meinen ersten Recherchen zur Isle of Skye. Seitdem hat sich Quiraing zu meiner liebsten Wanderroute gemausert. Wer denkt, noch nie etwas von der Formationen gehört zu haben, wird überrascht sein, wie viele Filme in dieser Gegend spielen. Vom Sternenwanderer über Smaragdgrün, MacBeth, Prometheus bis hin zu Transformers wurde hier gefühlt jedes Genre gedreht. Spätestens wenn man einmal dort war, erkennt man die Landschaft sofort wieder.

Wandern in Quiraing

Steigt man aus dem Auto aus, fallen zwei Sachen auf: Grandioser Blick und Menschenmassen. Man sollte also möglichst früh zum Parkplatz aufzubrechen, um a) einen guten Stellplatz zu bekommen (inzwischen kostenpflichtig) und b) vor den großen Reisebussen da zu sein. Wer nun abgeschreckt ist, den kann ich beruhigen. Denn die großen Massen kommen vor allem wegen der Aussicht am Startpunkt. Sie steigen aus, machen ihre Fotos und sind nach 20-40 Minuten wieder weg. Bis dahin seid ihr als Wanderer längst außer Sichtweite. Und selbst im beliebten Reisemonat Mai hatten wir so die Chance, ohne dichtes Gedränge die Natur genießen und in unserem ganz eigenen Tempo laufen zu können. Klar, hier und da begegnet man anderen Wanderern, aber man muss keine Sorge haben, in Massen durch die Highlands zu pilgern.

Aber kommen wir zu dem Grund, warum ich Quiraing so lieben gelernt habe. Denn wer die Aussicht am Parkplatz faszinierend findet, sollte die dreistündige Wanderung auf jeden Fall in Angriff nehmen. Jedes Mal wenn wir dachten, es kann nicht mehr schöner werden, hat sich uns ein neuer Ausblick geboten, der noch faszinierender war. Fotos sagen an dieser Stelle mehr als tausend Worte. Von grünen Hügeln mit höhenerprobten Schafen über kantige Felsen bis hin zu einem unglaublichen Meerblick ist alles dabei. Vorausgesetzt, man findet den richtigen Weg.

Die Wanderroute

Zugegeben: Die Beschilderung in Schottland ist bescheiden. Mir persönlich ist es so zwar lieber, als wenn in der Landschaft dutzende Schilder stehen würden, aber es ist herausfordernd. Deshalb versuche ich euch die Route in Kürze zu umreißen:

1. Parkplatz: Der Startpunkt ist der offizielle Parkplatz “Quiraing”, den ihr bei den Koordinaten 57°37’41.7″N 6°17’25.1″W findet. Alternativ könnt ihr bei Google Maps “Parking for Quiraing” eingeben.
2. Folgt den Massen: Um den Anfang der Route zu finden, folgt einfach der Masse zum beliebten Fotopunkt im Südosten von Quiraing oder der ersten Beschilderung. Dort seht ihr sofort einen schmalen Pfad, der sich einmal um Quiraing herumzuschlängeln scheint. Diesem nehmt ihr, bis ihr auf einen Zaun stoßt.
3. Das Hindernis: Solange es keine expliziten Warnhinweise gibt, lasst euch von dem Zaun nicht irritieren. Es gibt extra einen Holztritt, mit dessen Hilfe ihr über das Hindernis hinwegsteigen könnt. Direkt dahinter geht der Weg dicht am Fels weiter. (Funfact: Viele lassen sich vom Zaun abschrecken und kehren wieder um. Wir wären beinahe ebenfalls in die Falle getappt, hätte uns nicht eine erfahrene Wanderleiterin aufgeklärt).
4. Gabelungen: Ab jetzt gabelt sich der Weg immer wieder, aber keine Sorge: Richtig verlaufen könnt ihr euch nicht, solange ihr euch am linken Pfad orientiert, der dem Berg zugewandt ist.
5. Talsenke: Nach einer Weile passiert ihr in einer Talsenke einen kleinen Teich, bevor ihr euch an den Aufstieg zu einem der schönsten Punkte macht. Der Pfad ist leicht erkennbar, aber je nach Wetterlage rutschig, matschig und steil. Gutes Schuhwerk ist Pflicht. Am Ende dieses Aufstiegs steht ihr wieder vor einem Zaun. Auch diesen könnt ihr mithilfe des Holztritts überqueren.

6. Die Qual der Wahl: Hinter dem Zaun gibt es zwei Möglichkeiten. Links geht der offizielle Weg weiter. Immer bergauf entlang der Klippe. Hier müsst ihr früher oder später sowieso hin. Wenn ihr euch einen besonderen Ausblick gönnen wollt, geht zuerst nach rechts. Hier könnt ihr das Tal von Quiraing durchblicken und habt eine fantastische Aussicht aufs Meer.
7. Der Aufstieg: Um die Route fortzusetzen, geht es an den beschwerlichsten Teil der Wanderung. Nicht nur, weil es eine ganze Weile bergauf geht, sondern weil der Weg schlecht erkennbar ist. Orientiert euch also immer an der Kante des Berges – vor allem, wenn ihr oben angekommen seid.
8. Der Abstieg: Ähnlich wie beim Aufstieg solltet ihr euch auch beim Abstieg an der Bergkante orientieren und nicht zu weit nach rechts abdriften. Wenn ihr einen Zaun in einer Talsenke seht, seid ihr richtig. Hier müsst ihr durch ein kleines Tor oder über den Holztritt gehen.
9. Der Abschied: Nach dem Zaun folgt ein angenehmes Wegstück, an dem man bei trockenem Wetter gut rasten und einen Happen essen kann. Und die Stärkung werdet ihr auch brauchen, denn die letzten Meter sind kniffelig. Sehr steil, sehr glatt und bei Regen eine reinste Matschgrube. Hier lieber mehr Zeit einplanen, auch wenn man den Parkplatz bereits sehen kann.

Meine Highlights von Quiraing

Ich mache es kurz: Quiraing ist ein komplettes Highlight. Sei es die berühmte Felsformation “The Needle”, die weitläufigen Grasflächen, die kleinen Lochs oder die Schafe, die euren Weg immer wieder kreuzen. Bis auf den Anfang, der unter dem starken Tourismus leidet, gibt es keine Stelle, die ich nicht lieben würde. Demnach gibt es zum Schluss nur eine große Empfehlung für diese Tour und die Frage: War euch Quiraing ein Begriff? Seid ihr hier selbst bereits gewandert oder steht es noch/nun auf eurer Bucketlist?

Liebe Grüße