Erinnert ihr euch noch an meine »Vorsätze für dieses Jahr? Ich habe bewusst nur wenige, gut zu erreichende Ziele genommen, von denen mir eines besonders wichtig war. Ich wollte mindestens zwölf »Bücher lesen. Während ich früher locker zwölf Bücher in einem Monat verschlungen habe, lässt mir das Leben heute einfach nicht mehr so viele Freiräume. Aber genau deshalb schätze ich die Stunden sehr, in denen ich ein gutes Buch in die Hand nehmen und mich auf die Geschichte einlassen kann. Ganz neu auf meinem Stapel war “Dein fremdes Herz” von Kati Seck, um das sich heute alles drehen soll.

Dein fremdes Herz

Erschienen bei Bastei Lübbe hat der Roman mich gleich doppelt neugierig gemacht. Zum einen habe ich seit Anfang des Jahres viel Kontakt mit Kati, die inzwischen zu meinem liebsten Schreibbuddy geworden ist. Gemeinsam motivieren wir uns, verabreden uns zum gemeinsamen Arbeiten und schicken uns regelmäßig Updates über unsere Projekte. Ohne sie wäre mir auch der Bloggeburtstag schwerer gefallen, da ich einige gemeinsame Sessions genutzt habe, um genau diese Postings zu schreiben. Und da ich bislang nur Auszüge aus ihrem noch unveröffentlichten Projekt kannte, war ich super gespannt, wie sich ein ganzer Roman von ihr liest.

Zum anderen hatte ich nach vielen Dystopien mal wieder Lust auf einen realistischeren Roman und ein bisschen Herzschmerz – wortwörtlich. Denn schon der Klappentext liest sich nach einem Roman, den man gerne in Ruhe genießen möchte und von dem man sich mitreißen lassen kann:

Seit ihr Vater Hannes sie und ihre Mutter vor Jahren Hals über Kopf verlassen hat, lässt Nela nur wenige, ausgewählte Menschen in ihre überschaubare Welt. Doch dann bekommt sie ein Paket mit Briefen an ihren Vater, die dessen zweite Ehefrau Ellen kurz vor Hannes‘ Tod an ihn geschrieben hat. Durch sie erfährt Nela, dass das Herz ihres Vaters vor 15 Jahren an einen Teenager gespendet wurde.
Die Briefe stellen Nelas Leben auf den Kopf. Vor allem lässt sie der Gedanke an den Jungen, dem Hannes‘ Herz gespendet wurde, nicht los. Sie will herausfinden, wer er ist, und beginnt ihre Suche an der Ostseeküste, nicht ahnend, dass diese Reise ihr Leben verändern wird.

Rezension zu “Dein fremdes Herz” von Kati Seck

Als Rechtsanwaltsgehilfin zieht das Leben an Nela vorbei. Hin und wieder trifft sie sich mit einer Freundin, aber die meiste Zeit verbringt sie zwischen ihrer kleinen Altbauwohnung und den kalten Wänden der Kanzlei. Denn sie ist die einzige, die für den Pflegeplatz ihrer kranken Mutter aufkommt und jeder, der sich schon einmal mit den Kosten befasst hat, weiß, wie viel es den Angehörigen abverlangen kann. Vielleicht kann ich mich deshalb so gut in die Protagonistin hereinversetzen. In ihre festgefahrene Sicht der Dinge, in ihren Planungszwang und ihre Ängste, als sich gravierende Veränderungen in ihrem Leben anbahnen. Erst ein Schreiben von ihrem Vermieter, der Eigenbedarf anmeldet, dann ein Päckchen mit zahlreichen Briefen. Geschrieben von der zweiten Ehefrau ihres Vaters.

Briefe aus der Vergangenheit

Genau diese Briefe begleiten uns ab der ersten Zeile und ziehen mich vom ersten Satz an in ihren Bann. Kati Seck hat einen sehr malerischen, beinahe poetischen Schreibstil, der besonders den Briefpassagen so viel Leben einhaucht, dass ich mehr als einmal zum Taschentuch greifen musste. Ähnlich geht es auch Nela. Sie war noch ein Kind, als ihr Vater Hannes sie verlassen hat und nun ist Hannes’ Tod bereits über zehn Jahre her. Die Frage, warum er einfach gegangen ist, nagt jedoch bis heute an Nela.
Mit dem ersten Brief in der Hand erfährt sie, dass das Herz ihres Vaters damals einem jungen Mann gespendet wurde. Und dass dieser Mann im Norden lebt, gleich am Meer, das Hannes und Nela immer so geliebt haben. Zum ersten Mal entscheidet sich Nela, spontan zu sein. Raus aus dem Alltag und rein in die Suche nach Antworten. Ich denke, jeder kennt dieses aufregende und zugleich beängstigende Gefühl von Spontanität, dem sich auch Nela stellen muss, als sie im ICE zur Küste sitzt und nicht einmal weiß, ob sie in der ausgewählten Pension noch ein Zimmer bekommt. Damit beginnt eine Reise, die sich so flüssig lesen lässt, dass ich den Roman in gerade einmal zwei Stunden verschlungen habe. Grund dafür sind neben dem Schreibstil und meiner Sympathie für Nela, sicher die anderen Charaktere. Sei es die alte Henrietta, die ein solch positives Wesen hat, dass man sie gerne kennenlernen möchte, Herr Louis, der mit seinem Café Lust auf einen eigenen Roman macht oder natürlich Maximilian, der seit seiner Herztransplantation nicht mehr derselbe ist.

Ein fremdes Herz im fremden Mann

Apropos Herztransplantation: Wer hofft, dass der Fokus auf wissenschaftlichen Details und dem Seelenleben eines Empfängers liegt, der sollte vielleicht zu einem anderen Roman greifen. Oder “Dein fremdes Herz” mit einer anderen Erwartungshaltung lesen. Denn am Ende ist und bleibt die Protagonistin Nela, die hofft, ihrem verstorbenen Vater verzeihen zu können, wenn sie den Mann kennenlernt, in dessen Brust das vertraute Herz schlägt. Was nicht heißen soll, dass sich die Autorin mit dem Thema nicht auseinandergesetzt hätte. Ganz im Gegenteil. Sobald Nela in Maximilians Nähe ist, spürt man die Komplikationen, erfährt von den Problemen, die ein fremdes Herz mit sich bringt und kommt zwangsläufig ins Grübeln. Damit ist es kein Roman, den man einfach weglegt und abhakt, sondern durchaus einer, den man noch länger mitnimmt.

Von der erkannten Vorhersehbarkeit

Ich denke, man merkt, dass mir der Roman sehr gefallen hat und dennoch kommt diese Rezension nicht ganz ohne Kritik aus. Üben kann ich sie an dieser Stelle trotzdem nicht, denn damit würde ich einen großen Teil des Endes verraten und den Genuss möchte ich keinem nehmen. Deshalb zitiere ich hier einfach aus dem Roman und gebe zu, dass genau diese Zeilen aus der Kritik beinahe ein Lob gemacht hätten: “Weißt du, Nela, wenn ich Bücher lese oder einen Film schaue, in denen die Helden versuchen zu vermeiden, dass ein ganz bestimmtes Ereignis eintritt, führen sie es meistens mit diesem Verhalten herbei. Und als Zuschauer sitzt du da und schüttelst den Kopf, weil du es doch besser weißt und im echten Leben nie so handeln würdest … Genau solch eine Situation ist das.” (“Dein fremdes Herz”, S. 302f)

Mein Fazit zu “Das fremde Herz”

Zum Glück trifft dieses Zitat nur auf eine Situation zu und deshalb ist und bleibt man Fazit ein positives. Wer nach einem kurzweiligen Roman sucht, der einen dennoch lange begleitet, kann in “Dein fremdes Herz” von Kati Seck eine schöne Lektüre für den nächsten Balkonabend finden. Erschienen ist der Roman 2019 bei Bastei Lübbe als Taschenbuch mit der ISBN 978-3-404-17752-3.

9 Jahre mit Bastei Lübbe

Ihr möchtet euch auch von Nelas Geschichte mitreißen lassen oder habt einfach Lust auf neuen Lesestoff? Dann könnt ihr nun ein nagelneues Exemplar von “Das fremde Herz” gewinnen. Nehmt einfach hier oder auf »Instagram teil, beachtet die »Teilnahmebedingungen und beantwortet mir für das Bloglos folgende Frage:

📚 Welches Buch magst du am liebsten?

Wie immer würde ich euch gerne eine Antwort geben, aber es fällt mir schwer. Denn ich habe aus vielen Genre Lieblingsbücher. Mit “Das fremde Herz” verbinde ich einfach persönlich sehr viel, im Bereich der Dystopien kann ich die Amor-, Breathe- und Scythe-Reihe jedem ans Herz legen und wenn ihr mich nach klassischer Fantasy fragt, würde ich einfach mein Regal fotografieren. Aber vielleicht habt ihr einen Liebling, den ihr mir empfehlen könnt?

Liebe Grüße,